Christen und Muslime in Baden-Württemberg engagieren sich gemeinsam für Flüchtlinge

Christen und Muslime in Baden-Württemberg haben ein gemeinsames Wort veröffentlicht, Foto: ACK

Christen und Muslime in Baden-Württemberg haben ein gemeinsames Wort veröffentlicht, Foto: ACK

(02.06.2016) Christen und Muslime in Baden-Württemberg setzen sich gemeinsam für Frieden und Gerechtigkeit ein und engagieren sich in der Hilfe für Flüchtlinge. Dies geht aus einem „Gemeinsamen Wort zum Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit“ hervor, das am 2. Juni in Stuttgart vorgestellt wurde. Der in einem Gesprächsforum von christlichen und muslimischen Theologen formulierte Text ist zusammen mit den wichtigsten islamischen Religionsgemeinschaften und Initiativen in Baden-Württemberg von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Baden-Württemberg veröffentlicht worden.

Mehrere Vertreter beider Religionen stellten das Dokument in der Landespressekonferenz vor: Ali Ipek, Landeskoordinator der DITIB in Württemberg (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), Muhittin Soylu, Vorstandsvorsitzender der IGBW (Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg), Pfarrerin Annette Stepputat, Islambeauftragte der Evangelischen Landeskirche in Baden (ACK), Dr. Wolfgang Rödl, Islambeauftragter der Diözese Rottenburg-Stuttgart (ACK) ,PD Pfr. Dr. Albrecht Haizmann, Geschäftsführer der ACK in Baden-Württemberg.

Die Unterzeichner verpflichten sich und rufen dazu auf, „gemeinsam bei uns und weltweit für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung, für die Respektierung der Menschenwürde und der Religionsfreiheit einzutreten.“ In dem Dokument heißt es weiter: „Wir wissen gemeinsam um Gewalt und Aggression. Wir sehen die Aufgabe und auch die Schwierigkeiten der Religionsgemeinschaften, damit umzugehen, weisen aber die Unterstellung zurück, die Religionen selbst seien für Gewalt und Aggression verantwortlich. Darum verpflichten wir uns und rufen dazu auf, den Friedensimpuls und das Friedenspotential der Religion neu zu entdecken, zu stärken und zu profilieren.“

„Als Christen und Muslime wissen wir uns nicht zuletzt dadurch zum gemeinsamen Friedensengagement verpflichtet, dass an vielen Konflikten in der Welt Christen und Muslime beteiligt, in sie verwickelt oder durch sie betroffen sind. Zumal durch fragwürdige oder unzutreffende religiöse Begründungen Konflikte auch verursacht, verschärft oder Lösungen erschwert werden.“ Deshalb sollen sich Christen und Muslime auf ein „Wetteifern im Guten“ einlassen. Angesichts der Gefahr, dass bestehende Unterschiede verfestigt und neue Gegensätze aufgebaut werden, gehe es um gemeinsame Konfliktbearbeitung und Friedenserziehung, um Aufklärung und Dialog, den Abbau von Vorurteilen sowie um caritativ-wohltätige und entwicklungspolitische Zusammenarbeit. „Dass dies keine abstrakte Überlegung, sondern eine praktische Notwendigkeit ist, zeigt uns allen exemplarisch die gegenwärtige Krise in der Bewältigung der Flüchtlingsnot innerhalb und außerhalb Europas.“

Dabei werde deutlich, dass den Religionsgemeinschaften eine ganz besondere Verantwortung zukommt: „Christen und Muslime wissen – je auf ihre Weise – ihr Leben und Handeln in der Barmherzigkeit Gottes begründet und dem Liebesgebot verpflichtet. Viele Christen und Muslime handeln und helfen deshalb ganz selbstverständlich.“ Diese Hilfe beschränke sich nicht nur auf humanitäre Aktivitäten der Barmherzigkeit und Nächstenliebe bei uns, sondern weise auch die politisch Verantwortlichen auf die Notwendigkeit hin, Fluchtursachen zu bekämpfen und die Flüchtlingshilfe in den Herkunftsregionen und anderen Aufnahmeländern solidarisch zu unterstützen. Im Vorwort heißt es: „In einer Zeit gesellschaftlicher Polarisierung und politischer Radikalisierung braucht unsere Welt tragfähige Grundlagen für gemeinsames Handeln. In einer Zeit unbarmherziger Ausgrenzung von Flüchtlingen und zynischer Ausblendung ihrer Not brauchen wir gemeinsame Quellen der Barmherzigkeit und des Respekts. In einer Zeit der Missachtung von Menschenrechten und der brutalen Auslöschung von Menschenleben sind die religiösen Grundlagen für Frieden, Gerechtigkeit und Menschenwürde gefragt.“

„Dieses Dokument ist eine hervorragende Grundlage für zukunftsweisende christlich-islamische Dialoge in Baden-Württemberg. Es ist die Frucht eines intensiven und verbindlichen Gesprächsprozesses zwischen den islamischen Verbänden und den Mitgliedskirchen der ACK. Dass so viele islamische Verbände und alle Mitgliedskirchen der ACK in Baden-Württemberg diesem Dokument zugestimmt haben, ist ein bisher einmaliger Vorgang. Wir sind überzeugt, dass dieses gemeinsame Wort angesichts der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Situation in unserem Land einen wichtigen Impuls setzt, der ausstrahlen wird", erklärt Domkapitular Dr. Peter Birkhofer (Erzdiözese Freiburg) Vorsitzender der ACK in Baden-Württemberg.

„Die Begegnungen von Christen und Muslimen im Rahmen der theologischen Gespräche haben es nochmals deutlich gemacht, dass unsere Religionen viele theologischen Gemeinsamkeiten aufweisen, worauf wir in unserem täglichen Zusammenleben und Austausch, aber auch im gemeinsamen Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit aufbauen können. Wie das konkret aussehen könnte, haben wir in unserem „Gemeinsamen Wort“ festgehalten, das auch in die Arbeit der Gemeinden vor Ort hineinwirken soll“, betonte der Vorstandsvorsitzende der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW), Muhittin Soylu. Die Broschüre mit dem „Gemeinsamen Wort“ (IMPULSE ZUM GESPRÄCH 3) kann bei den beteiligten muslimischen Verbänden und bei der ACK in Baden-Württemberg bestellt werden.   
 
Gemeinsames Wort von Christen und Muslimen in Baden-Württemberg