ACK Südwest: Interreligiöser Dialog zwischen Überzeugung und Überheblichkeit

Podiumsdiskussion Delegiertenversammlung

Im Gespräch über den christlich-muslimischen Dialog: (von links) Matthias Neff (Bistum Trier), Barbara Rudolph (Evangelische Kirche im Rheinland), Pastor Dr. Jochen Wagner (Vorsitzender der ACK-Südwest), Wolfgang Thielmann (Bund Freier evangelischer Gemeinden), Foto: Renate Thesing

(29.10.2016) „Der interreligiöse Dialog ist keine Saisonentscheidung, sondern eine vitale Notwendigkeit, von der zum großen Teil unsere Zukunft abhängt.“ Mit diesem Zitat von Papst Benedikt XVI. unterstrich Matthias Neff, Referent für Religions-, Weltanschauungs- und Sektenfragen im Bistum Trier, die Bedeutung des Gesprächs zwischen Muslimen und Christen.

Auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Rheinland-Pfalz und im Saarland diskutierten mit ihm Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, Leiterin der Abteilung Theologie und Ökumene in der Evangelischen Kirche im Rheinland, und der Journalist Wolfgang Thielmann als Vertreter der Freikirchen.

Chancen und Grenzen des interreligiösen Dialogs

Für Thielmann findet in den Freikirchen derzeit ein Umdenken statt. Stärker als früher suche man danach, „einen Beitrag für die Zivilgesellschaft zu leisten, ohne dabei den eigenen Missionsanspruch zu verraten“. Frucht dieses Umdenkens sei eine neue Orientierungshilfe des Bundes Freier evangelischer Gemeinden für das Zusammenleben mit Muslimen. Bei anderen Religionen gelte es, so Thielmann weiter, das „Weltwirken Gottes in ihnen zu erkennen“. Der Respekt und die Offenheit für andere Religionen beinhalten jedoch nicht deren Anerkennung als Heilsweg und als Wahrheit.

Neff hingegen betonte, dass nach dem Verständnis der katholischen Kirche auch andere Religionen „einen Strahl der Wahrheit erkennen lassen“. Zwar gebe es eine „klare Differenz“ zwischen dem Christentum und anderen Religionen, doch hätten diese zugleich ihren „Eigenwert“. Neff verwies auf fundamentale Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Muslimen, die es ermöglichen, „zusammenzuleben, ohne den anderen auszugrenzen“, sich gemeinsam für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen, einen echten Dialog über theologische Fragen zu führen und bei multireligiösen Feiern „den spirituellen Reichtum miteinander zu teilen“.

Rudolph sprach sich entschieden gegen ein falsches Verständnis von Mission aus, das von einer „Überlegenheit“ ausgeht und in dem „der Kolonialismus früherer Tage mitschwingt“. Sie warb dafür, das kirchliche Arbeitsrecht auch für Nichtchristen zu öffnen, „um von deren Erfahrungen zu profitieren“. Gleichzeitig erteilte sie Befürchtungen eine Absage, dass Begegnungen mit Andersgläubigen das eigene Profil mindern: „Wir sollten durch den interreligiösen Dialog unseren eigenen Glauben immer wieder in Frage stellen und so vertiefen.“

Gemeinden sprachfähiger im Glauben machen

In der anschließenden Diskussion der drei Referenten mit den ACK-Delegierten wurde deutlich, dass alle Kirchen aufgrund ihres Selbstverständnisses und aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen von der Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs überzeugt sind. Eine zentrale Herausforderung bestehe darin, „Gemeinden im eigenen Glauben sprach- und auskunftsfähig zu machen“. Auch gelte es, in anderen Religionen „das Positive zu sehen, da nur so ein echter Dialog möglich ist“.

Zugleich traten unterschiedliche Akzente zu Tage. Dem Vorsitzenden der ACK-Südwest Pastor Dr. Wagner betonte, dass für ihn das Überzeugt-Sein vom eigenen Glauben „nicht mit Überheblichkeit gleichzusetzen“ sei. Der koptisch-orthodoxe Subdiakon Dr. Bishoy Soliman, der als Gast an der ACK-Tagung teilnahm, stellte aufgrund der bedrängenden Situation seiner Kirche in Ägypten die Frage, ob mit dem Islam aufgrund mancher Koranaussagen, die Gewalt rechtfertigten, ein echter Dialog wirklich möglich sei. Soliman verwies in diesem Zusammenhang auf das Schicksal der etwa 500 koptischen Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz, die derzeit von Abschiebung bedroht sind, und bat die Delegierten um die Unterstützung ihrer Kirchen.

Das Reformationsgedenken 2017 als Chance nutzen

Weiterhin beschäftigten sich die 30 ACK-Delegierten aus zwölf Kirchen mit dem bevorstehenden Reformationsjubiläum. Zusammen mit den Evangelischen Kirchen in der Pfalz und im Rheinland feiert die ACK-Südwest am Pfingstmontag 2017 in Koblenz ein ökumenisches Christusfest. Unter dem Motto „vergnügt, erlöst, befreit“ finden auf der Festung Ehrenbreitstein Gottesdienste, Workshops, ein Markt der Möglichkeiten und kulturelle Veranstaltungen statt.

Kritik wurde daran laut, dass manche Planungen für 2017 auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland doch nur die beiden großen Kirchen in Deutschland in den Blick nehmen. Der ACK-Vorsitzende Wagner äußerte deshalb die Befürchtung, dass 2017 einen „ökumenischen Rückschritt“ bedeuten könne. Dem gegenüber gelte es die Chance zu ergreifen, „in der Weite aller ACK-Kirchen gemeinsam Zeugnis für Gottes Gnade abzulegen“.

Text: Thomas Stubenrauch