Pastor Michael Noss ist neuer Präsident der Baptisten in Deutschland

Pastor Michael Noss, der neue Präsident des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland, Foto: BEFG

(22.05.2015) Der Bundesrat des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland, das höchste Beschlussgremium der Baptisten, wählte auf seiner diesjährigen Tagung vom 13. bis 16. Mai in Kassel Michael Noss (59) zum neuen Präsidenten. Michael Noss ist Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Berlin-Schöneberg, außerdem Coach und Unternehmensberater. Er gehört seit 2013 zum Präsidium des BEFG. Noss löst in diesem Amt Pastor Hartmut Riemenschneider ab, der 13 Jahre dem Präsidium des BEFG angehörte, davon sechs Jahre als Präsident. Riemenschneider und seine Stellvertreterin, Renate Girlich-Bubeck, kandidierten nicht mehr für das Präsidium. 

In seiner Predigt im Schlussgottesdienst des Bundesrates ging Noss auf das Jahresthema ein, das sich der BEFG für 2015/2016 als Leitwort gegeben hat: „Bunte Gemeinde – Staunen über Christus im Anderen“. „Als Gemeindebund leben wir davon, dass in unseren Gemeinden Menschen aus allen Generationen und zahlreichen Kulturen leben, die ganz unterschiedliche Ideen, Meinungen und Begabungen in den Bund einbringen. Ich wünsche mir, dass die Gemeinden noch stärker zusammenwachsen und gemeinsam als Bundesgemeinschaft im Namen Jesu die Gesellschaft mitgestalten“, sagte Noss.

Zur Stellvertreterin des Präsidenten wählte das Präsidium Corinna Zeschky (50) aus Wetter an der Ruhr. Neu ins Präsidium hineingewählt wurden Dorothee Oesemann (52, Stendal),  Martin Grapentin (65, Oldenburg) und der aus Ghana stammende Alfred Aidoo (50, Iserlohn). Alfred Aidoo ist Gemeindegründer und betreut zehn Gemeinden in Deutschland und vier in Ghana, die ein multikulturelles Gemeindekonzept verfolgen. Aidoo erreichte bei seiner Wahl das höchste Ergebnis und ist damit die Personifizierung und das Gesicht des gewählten Jahresthemas.

Weitere Gespräch mit den Lutheranern geplant

Der Bundesrat beschäftige sich in unterschiedlichen Foren mit dem Jahresthema. Im Forum „Bunte Gemeinde – Staunen über Christus in anderen Konfessionen“ setzten sich die Delegierten mit der Stellungnahme des Präsidiums des Bundes Evangelisch Freikirchlicher Gemeinden zum Konvergenzdokument „Voneinander lernen - miteinander glauben“ der Bayerischen Lutherisch-Baptistischen Arbeitsgruppe (BALUBAG) auseinander. Bei vielen Glaubensinhalten gebe es einen weitreichenden Konsens mit den Lutheranern, wie BEFG-Referent Friedrich Schneider betonte. Allerdings müsse man gerade in Fragen des Taufverständnisses weiter das Gespräch suchen. Mit überwältigender Mehrheit unterstützten die Delegierten in Kassel die Stellungnahme des Präsidiums zum Konvergenzdokument und befürworteten weitere Gespräche mit der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD).

Migranten und Flüchtlinge willkommen heißen

Auf Antrag des Forums „Bunte Gemeinde – Staunen über Christus in anderen Kulturen“ verabschiedeten die Delegierten des Bundesrats eine Resolution, die die eigenen Gemeinden, die Gesellschaft und die Politik zu einer Willkommenskultur gegenüber Migranten und Flüchtlingen auffordert. Die Resolution würdigt, dass viele Gemeinden den Menschen aus anderen Ländern bereits jetzt Gastfreundschaft gewähren, und sie ermutigt alle Gemeinden, „sprachliche und kulturelle Barrieren zu überwinden und eine inklusive Gemeinde von Menschen mit verschiedener kultureller Herkunft zu bilden.“ Politik und Gesellschaft werden aufgefordert, „für ein faires und menschenwürdiges Verfahren zu sorgen, durch das Menschen in Europa Zuflucht und Heimat finden können.“

Weltweiter Einsatz für Religionsfreiheit gefordert

In einem Vortrag „Religionsfreiheit als säkulares Menschenrecht: Chance und Herausforderung für die christlichen Kirchen“ machte Professor Heiner Bielefeldt, Politologe an der Universität Erlangen-Nürnberg und Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über Religions- und Weltanschauungsfreiheit, den Gemeinden im BEFG Mut, sich mit Gebet, Solidarität und strategischem Engagement weltweit für Religionsfreiheit einzusetzen. Religionsfreiheit sei in vielen Ländern in Gefahr, weil sie eine „Provokation“ sei für totalitäre Regime, für die Absolutheitsansprüche von Religionen selbst, aber auch für die säkulare Gesellschaft, für die Religion im öffentlichen Raum und bei der Mitgestaltung der Gesellschaft nichts zu suchen habe. Bielefeldt würdigte Religionsfreiheit als baptistisches Erbe. Baptisten hätten religiöse Verfolgung am eigenen Leib erfahren. Das habe auch ihre theologischen Überzeugungen geprägt, sagte Heiner Bielefeldt. In seiner Arbeit als UN-Sonderberichterstatter ermutige es ihn besonders, wenn sich Menschen für die Religionsfreiheit Andersgläubiger einsetzten: „Diese ‚cross overs‘ zeigen, dass die Religionsfreiheit ein Recht ist, bei dem ganz unterschiedliche Menschen gemeinsame Aktionsfelder entdecken können.“ Schon Julius Köbner, einer der Gründungsväter des deutschen Baptismus, habe sich im 19.Jahrhundert für ein umfassendes Verständnis von Religionsfreiheit eingesetzt. Wer für sich selbst Religionsfreiheit einfordere, müsse diese auch anderen gewähren. Beispielsweise Muslimen, die in Deutschland Moscheen bauen möchten. Köbner, Oncken und Lehmann, die drei Gründungsväter des deutschen Baptismus forderten diese Religionsfreiheit noch in einer Zeit des landesherrlichen Kirchenregimentes.

Text: Bernd Densky