Der Liebe Gottes Raum geben - Konferenz beriet Krieg und Frieden aus freikirchlicher Sicht

Prof. Dr. Andrea Strübind, Baptistin und Professorin für Kirchengeschichte in Oldenburg, Foto: B. Densky

(21.10.2014) Angesichts der Gewalt in Syrien und dem Irak radikal der Liebe Gottes Raum zu geben, forderte die Oldenburger baptistische Theologin Andrea Strübind in einer Predigt über das Doppelgebot der Liebe (Mk 12,18-34). Im Rahmen eines Symposions der Gesellschaft für Freikirchliche Theologie und Publizistik e.V. (GFTP) zitierte Strübind, die auch Vorsitzende der GFTP ist, aus der aktuellen Friedenserklärung mennonitischer Theologinnen und Theologen: „Es ist aber die Auferstehungsbotschaft, die in uns den Glauben weckt, dass Feindschaft und Tod nicht das letzte Wort haben, sondern Gottes zurechtbringende Liebe. So beten wir, dass unsere Angst jener Liebe weicht, die auch dem Feind gilt.“ 

Der Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt müsse durchbrochen werden, sagte Strübind. Während angesichts der Gewaltexzesse in Syrien und im Irak hohe Vertreter von Staat und Kirche einer militärischen Intervention das Wort redeten, betet Jesus selbst noch im Sterben am Kreuz für seine Feinde und unterstreicht dadurch seine radikale Botschaft der Liebe und des Friedens.

Unter dem Motto Krieg und Frieden - Gedenkkultur und Friedensethik aus freikirchlicher Perspektive” diskutierten freikirchliche Theologinnen und Theologen sowie Laien die aktuellen kirchlichen Stellungnahmen zu Krieg und Frieden. Gewählt worden war das Thema im Blick auf das 100jährige Gedenken an den Ausbruch des ersten Weltkrieges. Durch die Situation im Irak und die Forderung auch hoher kirchlicher Vertreter nach militärischer Intervention gewann es aber an unmittelbarer Aktualität.

Schon im ersten Impulsreferat zeigte die systematische Theologin Frederike van Oorschot (Heidelberg) die Argumentationslinien für einen „gerechten Krieg“ auf. Die gegenwärtigen Forderungen nach militärischer Intervention und Schaffung von Schutzräumen kämen dieser Argumentation bedenklich nahe, meinte van Oorschot. Sie plädierte dafür, sich mit allen erdenklichen Möglichkeiten für einen „gerechten Frieden“ einzusetzen, statt über militärischen Optionen das Wort zu reden. Der mennonitische Theologe Jonathan Seiling (Hamburg) unterstrich in seinem Beitrag die Ethik der Gewaltfreiheit bei den historischen Friedenskirchen. Weitere Impulsreferate kamen u.a. von Dirk Sager (Varel) „Zwischen Heiligem Krieg und Friedensutopie – Alttestamentliche Einsichten“; Andreas Zabka (Hamburg) „Freikirchliche Kriegspredigten im 1. Weltkrieg“ und Hartmut Wahl (Velbert) „Sterben für das Vaterland – Gedenkkultur im freikirchlichen Kontext“. In einer Podiumsdiskussion wurde das Thema "Krieg und Frieden als Konfliktfeld in den Freikirchen" mit dem Mitgründer und ersten Geschäftsführer der Friedensinitiative "Shalom" im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Pastor Günter Mahler, diskutiert.

Auch wenn die Diskussion kontrovers verlief und es Stimmen auf dem Symposium gab, die auch für die Errichtung einer Schutzzone für die Opfer der Terrororganisation des sogenannten "Islamischen Staates" (IS) eintraten, unterstrich Andrea Strübind die Radikalität, mit der Jesus die Liebe zu Gott und zum Nächsten, ja selbst zum Feind mit seiner Existenz bis zum Tod verkündet und gelebt habe. Strübind warnte davor, die Friedensschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus dem Jahr 2007 mit dem Titel „ Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen" zu vergessen. Wer Frieden wolle, müsse aktiv die Spirale der Gewalt durchbrechen, so Strübind. Sie unterstrich die Friedenspositionen, wie sie die mennonitischen Theologinnen und Theologen in ihrer Erklärung vertreten. Sie sind davon überzeugt, „dass noch mehr militärische Gewalt nicht zum besseren führt, angesichts der instabilen Lage im mittleren Osten, die durch Gewalt hervorgerufen wurde.“

Die Beiträge des Symposiums werden in der „Zeitschrift für Theologie und Gemeinde (ZThG)“ veröffentlicht, die die GFTP einmal jährlich herausgibt.

Hintergrund:

Die Gesellschaft für Freikirchliche Theologie und Publizistik e.V. (GFTP) wurde 1995 gegründet. Ihr Anliegen ist die Entwicklung und Verbreitung freikirchlicher theologischer Beiträge. Darüber hinaus will die GFTP eine Brückenfunktion zwischen Theologie und Gemeinde wahrnehmen und ein zeitgemäßes Verstehen des christlichen Glaubens fördern. Sie führt jährlich ein Symposium für Theologen und Laien durch und gibt die „Zeitschrift für Theologie und Gemeinde (ZThG)“ heraus, die ebenfalls einmal jährlich erscheint.