Drei Fragen an Pastorin Regina Claas

 

Wie erleben Sie in Ihren Gemeinden und Gruppen das Zusammenleben von Alteingesessenen und Menschen mit Migrationshintergrund?

Claas: Oftmals erlebe ich, dass Menschen aus anderen Herkunftsländern sehr offen und interessiert daran sind, Kontakte zu den Einheimischen aufzunehmen. Bei manchen Deutschen nehme ich aber eher wahr, dass sie sich da zurückhalten. In den Gemeinden, wo das der Fall ist, liegt mir viel daran, ein Umdenken anzustoßen, damit wir Menschen anderer Herkunft als Bereicherung und wertvolle Ergänzung erleben können und nicht als Fremde. Von Kirchenleitungsseite wollen wir deshalb immer wieder dazu ermutigen, Gemeinden als Begegnungsräume für Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur zu gestalten. Denn nur wer sich kennt, ist sich nicht fremd. Und die Erfahrung zeigt, dass man da, wo Beziehungen und Freundschaften entstehen, auch ganz schnell entdeckt, wie Andere durch ihre speziellen Begabungen und Kompetenzen den Gemeindealltag mit gestalten können.

Wo engagieren sich Gemeindeglieder, um die Integration von Migrantinnen und Migranten zu fördern?

Claas: Schon seit vielen Jahren gibt es in unserem Gemeindebund ein Netzwerk internationaler Gemeinden (IMD- Internationale Mission in Deutschland), in dem durch Informationsaustausch und persönliche Unterstützung – z.B. bei Asylanträgen –  Integrationsfragen in unserer Gesellschaft angegangen werden. Hier gibt es immer wieder einzelne, die sich enorm engagieren, und in letzter Zeit fällt auf, dass gerade Jugendliche und Junge Erwachsene hier besonders aktiv werden, was mich sehr freut. Auch versuchen wir durch verschiedene Austauschprogramme zu fördern, dass sich Christen aus unterschiedlichen Ländern in Deutschland und auch im Ausland begegnen und kennenlernen. Wer selbst einmal längere Zeit in einem anderen Land gewesen ist, kann sich schließlich auch viel besser in die Situation von Migranten und Migrantinnen hineinversetzen.

Wie können Christinnen und Christen von der Gemeinschaft in Christus Beispiel geben, die Unterschiede und Grenzen aller Art überwindet?

Claas: Wenn wir miteinander in die Gesellschaft hineinwirken wollen, ist es gut,  auch hier wieder voneinander zu lernen. Migranten und Migrantinnen können uns zum Beispiel zeigen, was Gemeinschaft und Gastfreundschaft bedeutet – das haben wir größtenteils verlernt. Mir fällt auch auf, dass Christen anderer kultureller Prägung viel weniger Scheu davor haben, konkret für bestimmte Alltagssituationen zu beten, und dass sie im gemeinsamen Gebet Gottes Handeln dann auch praktisch erfahren. Wenn wir auch in unserem spirituellen Leben aufeinander zugehen, bin ich überzeugt davon, dass das gemeinsame Christuszeugnis in den Alltag hinein strahlen und andere Menschen anstecken kann.

Hintergrund:

Die Interkulturelle Woche wird in Potsdam um 17 Uhr mit einem ökumenischen Auftaktgottesdienst in der Propsteikirche St. Peter und Paul unter Beteiligung von Bischof Dr. Markus Dröge, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbistum Berlin, sowie Metropolit Augoustinos, Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland, bundesweit eröffnet. Generalsekretärin Claas nimmt für den Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland an der ökumenischen Feier teil. Die Interkulturelle Woche steht in diesem Jahr unter dem Motto „Herzlich willkommen – wer immer du bist“ und will auf die Vielfalt hinweisen, die durch Migrantinnen und Migranten in Deutschland gelebt wird.

Weitere Informationen unter www.interkulturellewoche.de

Pastorin Regina Claas ist Generalsekretärin des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten) und im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland. Ihre Lebensberufung sieht sie im Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Sie lebte und arbeitete von 1994 bis 2003 in Südafrika.