Flüchtlinge werden ökumenische Landschaft positiv verändern

Prof. Dr. Thomas Söding, Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum und Vorsitzender des DÖSTA, Foto: rub

Prof. Dr. Thomas Söding, Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum und Vorsitzender des DÖSTA, Foto: rub

(17.12.2015) Mit den zahlreichen Christinnen und Christen unter den Flüchtlingen wird die Ökumene in Deutschland bunter. Davon ist Thomas Söding, Vorsitzender des Deutschen Ökumenischen Studienausschusses (DÖSTA) der ACK, überzeugt. In seiner traditionellen Weihnachtsvorlesung an der Universität Bochum mit dem Thema "Der Messias auf der Flucht" sagte Söding: "Nicht wenige der Flüchtlinge sind Christinnen und Christen. Sie gehören verschiedenen orthodoxen, altorientalischen, katholischen und evangelischen Kirchen an. Sie bringen ihre Riten und Geschichten, ihre Gebete und Bräuche mit. Die Ökumene in Deutschland wird bunter - eine Herausforderung, aber mehr noch ein Geschenk."

Integration ist Mega-Aufgabe und Mega-Chance

Die Integration der Flüchtlinge stelle auch die Ökumene vor eine Herausforderung, für Söding ein "Mega-Aufgabe, aber auch eine Mega-Chance der Kirchen". Über Jahre sei bereits die Integration vieler kirchlichen Traditionen durch Einwanderer in der Ökumene gelungen. Dazu habe wesentlich auch die ACK in ihren verschiedenen Ebenen und Strukturen beigetragen. An diese Erfahrung müssten die Kirchen un anknüpfen, denn sie spielten eine wichtige Rolle in der Gesellschaft: "Die Kirchen können und müssen vormachen, was Religionsfriede heißt, ohne den eine Gesellschaft nicht gedeihen kann."

Jesus floh nach Ägypten - Heimat in der Fremde

Söding erläuterte anhand der biblischen Erzählungen von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten (Mt 2,13-15), dass bereits in der Bibel die Spannung zwischen Heimat und Fremde, Flucht und Herkunft eine bedeutende Rolle spiele. Jesus flüchtete in das Land, aus dem seine Vorfahren mit Mose aufgebrochen waren, weil sie dort als Sklaven arbeiten mussten (Ex 13,14). Just diese Fremde werde für Jesus zur sicheren Zuflucht vor dem König, der ihn töten wollte. Söding schlug den Bogen zu den heutigen Flüchtlingen, die aus diesen geographischen Gebieten kommen, in denen das Weihnachtsevangelium spielt: Syrien, Ägypten, Arabien. "Die Flüchtlinge, die aus Syrien und dem ganzen Nahen Osten nach Europa und Deutschland kommen, sind nicht nur geographisch, sondern auch theologisch die 'Nächsten', die es lieben gilt (Lev 19,18)", so Söding. Wenn sie Christen oder Muslime seien, brächten sie Weihnachtsgeschichten mit und sie seien "so lange auf der Flucht, wie sie in Deutschland und Europa, in den Kirchen und Gemeinden, in den Moscheen, in den Sozialräumen und vor allem in den Herzen der Menschen nicht heimisch geworden sind". Die Politik könne die von den Christen geforderten Werke der Barmherzigkeit nicht ersetzen, aber sie könne die Rahmenbedingungen für Menschlichkeit verbessern. "Die Weihnachtsgeschichte erweitert mit dem Erfahrungsraum des Glaubens auch den Denkhorizont und die Handlungsräume der Politik", sagte Söding.