„Wir fordern die russische Regierung auf, den Krieg sofort zu beenden und sich aus den besetzen Gebieten zurückzuziehen, damit die Ukrainer wieder in Freiheit und Menschenwürde leben können“, erklärte der Weihbischof, nachdem er Russland „als den eindeutigen und einzigen Aggressor“ benannt hatte. Eine besondere Verantwortung schrieb er der deutschen Bundesregierung zu: „Wir erwarten von der Bundesregierung und den Spitzen der europäischen Union, dass sie alles tun, um den Druck auf Russland weiter zu erhöhen.“ Alle Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssten verfolgt werden. Nur so könne man sich der Möglichkeit eines Friedens annähern. Die deutsche Zivilgesellschaft sei ausdrücklich bereit, die Nachteile zu tragen, die Sanktionen gegen Russland bedeuten.
Zekorn dankte allen, die sich in Gesellschaft und Kirche um die Geflüchteten kümmern, ebenso allen Politikerinnen und Politikern, die sich für die Ukraine und den Frieden in aller Welt einsetzen. Der Westfälische Friede zeige: „Frieden kann durch Verhandlungen entstehen. Das ist der beste Weg zum Frieden.“
Mariya Sharko, Mitarbeiterin in der Fachstelle Weltkirche und globale Zusammenarbeit und selbst gebürtige Ukrainerin, bezeichnete den russischen Angriffskrieg in ihrem Redebeitrag als Vernichtungskrieg: „Er zielt darauf ab, alles, was ukrainisch ist, zu zerstören: die Menschen, das Land, die Sprache, die Kultur und die Geschichte.“ Mit Blick auf das vergangene Jahr verdeutlichte sie: „Ein Jahr ist sehr lang, der Krieg macht müde, alle möchten endlich Frieden haben. Aber die Ukrainer möchten nach dem Frieden weiterhin in einem freien, souveränen, unabhängigen und demokratischen Land leben. Deshalb geben wir nicht auf.“
Beim ökumenischen Gottesdienst am Abend im St.-Paulus-Dom, zu dem das Bistum Münster, der evangelische Kirchenkreis und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) eingeladen hatte, begrüßte Münsters Bischof Dr. Felix Genn auch Andrii Vytivskyi, der seit Oktober Pfarrer der ukrainisch-katholischen Gemeinde in Münster ist.
Der Vorsitzende der ACK in Deutschland, Erzpriester Constantin Miron von der griechisch-orthodoxen Kirche, ging in seiner Predigt auf das Gottesbild ein. Die Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott sei gekennzeichnet von der Freiheit, die Gott und Mensch gemein haben. „Wenn ich den Krieg ausrufe, wenn ich auf mein Koppelschloss ‚Gott mit uns‘ schreibe, wenn ich von der ‚Heiligkeit‘ des Angriffskrieges spreche, pervertiere ich den guten Schöpfergott damit zum Kriegsherrn“, kritisierte er die Kriegsverantwortlichen. Wer seine Mitmenschen unterdrücke, quäle oder gar töte, beanspruche die Allmacht des Schöpfers für sich. Deshalb solle der 24. Februar für die Christinnen und Christen nicht ein bloßer kalendarischer Gedenktag sein, sondern „ein Tag der Umkehr und der Besinnung auf die Einzigartigkeit Gottes“, so der Erzpriester. „Er sollte ein Tag der Rückkehr zum ersten Gebot, zur Freiheit und zur Liebe Gottes sein“, betonte er.
Mehrere hundert Menschen, darunter viele Ukrainerinnen und Ukrainer, nahmen an dem Gottesdienst teil, bei dem die Schrifttexte und Fürbitten auf Deutsch und Ukrainisch vorgetragen wurden. Ein ökumenischer Projektchor unter Leitung von Regionalkantorin Jutta Bitsch und eine Schola aus der ukrainischen Gemeinde gestalteten den Gottesdienst musikalisch mit.
Predigt des ACK-Vorsitzenden Erzpriester Radu Constantin Miron