ACK: Die Sechste Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung hatte die Aufgabe, die sichtbare Einheit der Kirche voranzutreiben, insbesondere im Hinblick auf den 1700. Jahrestag des Konzils von Nicäa. Wie hat die einzigartige Umgebung von Wadi El Natrun – ein Ort des frühen Mönchtums und tiefgreifender Spiritualität – Dein theologisches Nachdenken über die Einheit persönlich beeinflusst, und welche Bedeutung siehst Du in diesem Kontext für das Nizäa-Jubiläum?
Susan Durber: Dies war die erste Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung, die im globalen Süden stattfand, an einem Ort, der sowohl zu Afrika als auch zum Nahen Osten gehört. Der Anteil der Menschen aus der globalen Mehrheit war bei dieser Veranstaltung viel höher als je zuvor, und die Verschiebung der Orte, an denen das Christentum heute zahlenmäßig am stärksten ist, wurde sehr deutlich. Dies vermittelte der gesamten Konferenz ein Gefühl für die ganze 'katholische' Kirche von heute und eine Verortung in den Anliegen der gesamten Welt, sowohl in Bezug auf die Menschen als auch auf die Schöpfung.
ACK: Die Konferenz wurde von der Koptisch-Orthodoxen Kirche ausgerichtet. Welche spezifischen Einblicke oder Erfahrungen mit der koptischen Spiritualität, Liturgie oder dem monastischen Leben haben Dich während Deines Aufenthalts besonders beeindruckt oder Deine Perspektive auf die Ökumene erweitert?
Susan Durber: Unsere Gastgeber von der Koptisch-Orthodoxen Kirche waren in ihrer Gastfreundschaft unermesslich großzügig und gaben uns einen positiven Einblick des heutigen Lebens ihrer Kirche. Ihr Glaube und ihre Praxis eröffneten ein echtes Gefühl der Verbundenheit mit der Kirche über die Jahrhunderte hinweg, etwas, das als „Ökumene in der Zeit“ bezeichnet wurde. Durch ihr Zeugnis fühlten sich die Heiligen von Nizäa sehr nah und für die heutige Welt höchst relevant an. Wenn die Kirche heute Verfolgung oder Marginalisierung erfährt oder wenn wir uns fragen, wie wir Kirche in und für die Welt sein sollen, zeigten koptische Christen eine alte und zugleich lebendige Tradition. Die Mönche, die wir trafen, waren beeindruckend in ihrem Engagement für das Gebet, aber auch in ihrer praktischen diakonischen Arbeit mit den Bedürftigen von heute. Die gesamte Konferenz war geprägt von dem Gefühl, dass es bei der Ökumene nicht nur um doktrinäre Übereinstimmung geht, sondern auch um gelebte Erfahrung und gemeinsames Engagement.
ACK: Was war Dein persönliches Highlight während Deiner Tage in Ägypten, und gab es auch Momente, die Du als Herausforderung empfunden hast?
Susan Durber: Der Gottesdienst im großen Zelt, morgens und abends, war ein echtes Highlight und dort (neben den Plenarsitzungen und Gruppendiskussionen) sangen, beteten und reflektierten wir über den nizänischen Glauben, den wir teilen. Wir sangen das Glaubensbekenntnis in vielen verschiedenen Stilen und Weisen, sodass es für uns wirklich etwas wurde, das mit dem Herzen gebetet und nicht nur mit dem Verstand betrachtet wird. Ein weiteres Highlight war sicherlich die Präsentation der vielen jungen Ökumeniker, die ihre Leidenschaft und ihr Engagement für die sichtbare Einheit der Kirche, insbesondere im Streben nach Gerechtigkeit, zum Ausdruck brachten. Es gab Momente der Herausforderung, besonders als wir über die Notwendigkeit nachdachten, die Kirche und auch die ökumenische Bewegung zu dekolonisieren. Für viele Anwesende erfordert die sich wandelnde Welt neue ökumenische Methoden und Prioritäten, während sich dies für einige nicht wie ein für sie relevantes Thema anfühlt.
ACK: Das Schlussdokument der Konferenz hält die wichtigsten Ergebnisse fest. Verrätst Du uns Deinen Lieblingsgedanken oder das wichtigste Zitat aus diesem Dokument?
Susan Durber: Sowohl die Botschaft der Konferenz als auch die Botschaft der jungen Menschen (beim Global Ecumenical Theological Institute, das parallel zur Konferenz tagte) betonen, dass Einheit in einer polarisierten Welt wirklich dringend ist und dass sie sowohl gemeinsame Taten als auch ein gemeinsames Glaubensbekenntnis umfassen muss. Der „Ruf an alle Christen“ besagt zum Beispiel: „Einheit ist mehr als Übereinstimmung: Sie ist Gemeinschaft. Tief in der Taufe verwurzelt und im gemeinsamen Gebet zum Ausdruck gebracht, beginnt Einheit sichtbar zu werden, wenn wir zusammen leben… auf eine Weise, die Glaube, Hoffnung und Liebe verkörpert: nicht in Isolation, sondern in Solidarität…“ Die Ökumene war natürlich schon immer mehr als nur vereinbarte Texte und Dokumente, aber diese Konferenz betonte deutlich, auf welche Weise die Ökumene gelebt, praktiziert und in tiefer Freundschaft präsent gemacht werden muss.
ACK: Welche konkrete Hoffnung oder welchen Impuls für die weitere „Pilgerreise zur sichtbaren Einheit“ nimmst Du von dieser Konferenz mit nach Hause, in Dein tägliches Leben und in Deinen Dienst als Präsidentin von Europa des ÖRK?
Susan Durber: Ich nehme von der Sechsten Weltkonferenz ein starkes Gefühl einer breiteren Gemeinschaft von Christen mit, die Begeisterung und Engagement für die Pilgerreise der Ökumene mitbringen. Es waren mehr Menschen aus den Regionen anwesend, in denen das Christentum heute aufblüht, die offensichtliche Präsenz pfingstlicher Christen, und mehr von uns, als man vielleicht erwartet hätte, waren bereit, unser gemeinsames Erbe des nizänischen Glaubens zu feiern, zu bekräftigen und darüber nachzudenken. Es war faszinierend, dass diese Konferenz den Glauben durch die Feier des 1700. Jahrestages von Nizäa bekräftigte und gleichzeitig die Notwendigkeit des gemeinsamen Handelns und einer vereinten prophetischen Stimme in einer herausfordernden Welt bejahte. Diese Konferenz hob die Hoffnung auf gemeinsamen Glauben, gemeinsames Leben und gemeinsamen Dienst in und für die Welt hervor. Vielleicht war das Interesse an einer gemeinsamen Kirchenordnung geringer – einige sind der alten ökumenischen Diskussionen überdrüssig – aber alle waren sicherlich zutiefst entschlossen, gemeinsam mit Christus zu gehen.
Übersetzt aus dem Englischen.
Weitere Informationen und Dokumente zur Sechsten Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung finden Sie hier.
