Das Konzil von Nizäa 325 in seiner Bedeutung für heute
kurz und knapp zusammengefasst
Warum erinnern wir uns an ein Ereignis, das 1700 Jahre zurückliegt?
So viel Zeit ist seitdem vergangen, welche Impulse können von so einer Erinnerung denn noch ausgehen?
Zunächst ist es hilfreich, die wichtigsten Entscheidungen des Konzils von Nizäa herauszustellen und zu fragen, welche Bedeutung die Fragestellungen im aktuellen Kontext haben.
Das Konzil als kirchliches Entscheidungsorgan
Obwohl es schon in früheren Zeiten regionale Zusammentreffen von Entscheidungsträgern gab, um pastorale oder theologische Fragen zu beraten, so war das Konzil von Nizäa in seiner Breite der Teilnehmenden und in seiner Bedeutung für die Gesamtkirche bis zu diesem Zeitpunkt einmalig. Durch diese Zusammenkunft ist ein kirchliches Entscheidungsorgan entstanden, das beanspruchte, Gesetze und Regeln für die damals bekannte „oikoumene“, also die ganz bekannte Erde, aufzustellen. Auch wenn wir nicht genau wissen, welche Bischöfe der Ortskirchen am Konzil teilnahmen und die überlieferte Zahl von 318 Teilnehmenden wohl eher symbolischer Natur ist, so ist es doch erstaunlich, dass Bischöfe aus so vielen unterschiedlichen Gebieten zusammenkamen, vor allem wenn man die damaligen Reisebedingungen berücksichtigt.
Aktuelle Fragestellungen:
Wie werden heute Entscheidungen in den Kirchen getroffen und durch wen?
Wer ist dabei und wer eben auch nicht?
Wie gehen wir mit jenen um, die die getroffenen Entscheidungen nicht mittragen können?
Wie gehen wir miteinander im Entscheidungsprozess selbst mit den unterschiedlichen Auffassungen um?
Das Osterfestdatum
In der noch jungen Kirche bestand Unieinigkeit darüber, wann das Osterfest gefeiert werden solle. Spätestens die Synode von Arles 314 hatte aber auf einen gemeinsamen Termin gedrängt. Für Kaiser Konstantin war es ein wichtiges Ziel des Konzils, dass alle Christen am gleichen Tag die Auferstehung Jesu feiern. Aufgrund unterschiedlicher Berechnungen des Osterfesttermins zwischen Rom und Alexandrien musste also eine Lösung her. Das Konzil entschied, Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond zu feiern, wobei es aber nicht mit dem jüdischen Pessach-Fest zusammenfallen sollte. Diese Regelung hatte jahrhundertelang Bestand, bis aufgrund der Kalenderreformen im Osten und im Westen bis zum heutigen Tag unterschiedliche Osterdaten bestehen.
Aktuelle Fragestellungen:
Wie können wir heute trotz der unterschiedlichen Daten gemeinsam den einen Auferstehungsglauben bezeugen?
Welche Formate finden wir, ökumenisch gemeinsam Ostern zu feiern?
Das Glaubensbekenntnis
Das Symbolum stellt die erste dogmatische Definition der Kirche dar und ist gleichzeitig die erste schriftliche Glaubensregel, die überliefert ist. In seinem Aufbau folgt es orientalischen Taufbekenntnissen, konnte also schon auf Vorgängerversionen zurückgreifen, war aber in seiner Zuspitzung gerade vor dem Hintergrund der Verurteilung der arianischen Position ein Werk des Konzils. Es bildet die Grundlage, auf der das Konzil von Konstantinopel 56 Jahre später die noch heute in allen Kirchen gültige Fassung des Glaubensbekenntnisses formulieren konnte. Das Symbolum bildet damit die erste allgemeingültige und anerkannte schriftliche Ausdrucksform des christlichen Glaubens, die über das Zeugnis der Heiligen Schrift hinausgeht. Daran schließen sich auch in der Ökumene heute noch aktuelle dogmenrechtliche Fragestellungen wie das Verhältnis von Tradition zu Heiliger Schrift an.
Aktuelle Fragestellungen:
Wie sähe ein Glaubensbekenntnis heute aus?
Wie oft beten wir das gemeinsame Glaubensbekenntnis im Gottesdienst?
Wo ist es heute wichtig, den gemeinsamen Glauben zu bekennen und dafür einzustehen?
Verhältnis von Kirche und Staat
Das Konzil von Nizäa war ein kaiserlich angeordnetes, einberufenes und geleitetes Konzil. Es ist auf Initiative Kaiser Konstantins, der sich als Werkzeug Gottes verstand, zu Stande gekommen und durch ihn finanziert und wohl teilweise auch geleitet worden. Die Beschlüsse wurden anschließend zu Reichsgesetzen. Das Konzil von Nizäa leitet nach einer langen Phase der Verfolgung den engen Schulterschluss zwischen Staat und Kirche ein, der die weitere Kirchengeschichte über Jahrhunderte prägen sollte.
Aktuelle Fragestellungen:
Wie steht es heute mit dem Verhältnis von Kirche und Staat?
Wo sehen wir Vor- und Nachteile des Modells in Deutschland?
Wie können wir mit Verzerrungen wie zunehmendem Nationalismus, eingeschränkter Religions- und Glaubensfreiheit, Christenverfolgung und abnehmender Vormachtstellung der Kirchen weltweit umgehen?
Das Konzil als Organ zur Herstellung des Friedens
Kaiser Konstantin hatte das Konzil einberufen, um Frieden in seinem Reich herzustellen. Dieser war bedroht, aber nicht durch externe Einflüsse, sondern durch theologische Uneinigkeiten, die das Potenzial hatten, zu eskalieren. Heute ist das kaum noch vorstellbar. Es ging nicht nur um den sogenannten Arianischen Streit, sondern auch um die Beendigung des paulinischen Schismas in Antiochien und des meletianischen Schismas in Ägypten. An dieser Stelle sei nur ein kleiner Seitenblick auf den Streitpunkt mit dem Bischof Arius geworfen, dessen Kern die Anfrage an die Gottheit des Logos, also das Verhältnis zwischen Gottvater und Gottsohn, betraf. Indem Arius Christus als Geschöpf Gottes interpretierte, bestimmte er das Verhältnis innerhalb der Trinität neu. Damit verursachte er große Verunsicherungen in der noch jungen Kirche. Das Konzil von Nizäa sollte hier eine Entscheidung treffen und zugleich damit den Frieden im Reich garantieren.
Aktuelle Fragestellungen:
Was können die Kirchen zum Frieden im Kleinen und Großen beitragen?
Wie gehen wir mit Differenzen in unseren eigenen Kirchen und in der Gesellschaft um?
Wie kann die Ökumene ein Vorbild für Frieden und gelebte Vielfalt sein?