(28.09.2011) Vom 18. bis 25. Mai 2011 fand auf dem Campus der Universität West Indies in Kingston/Jamaika die Internationale Ökumenische Friedenskonvokation (IÖFK) statt, zu welcher etwa 1000 Delegierte von Kirchen und Organisationen aus 100 verschiedenen Ländern teilnahmen. Die Verfasserin nahm als Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland teil; gleichzeitig konnte sie ihr Augenmerk auch auf den spezifischen orthodoxen Beitrag lenken; so entstand der folgende persönliche Bericht.
Die Friedenskonvokation verstand sich nicht nur als Abschluss sondern auch als Erntedankfest der Dekade zur Überwindung von Gewalt, die von Mitgliedskirchen, Gruppen und Initiativen mitgetragen wurde. Auch orthodoxe Mitgliedskirchen entsendeten auf internationaler Ebene namhafte Delegierte, die sowohl als kirchenleitende Persönlichkeiten mit den Themen des ÖRK betraut sind, als auch Fachleute, die kontinuierlich die Dekade begleitet oder an ihren Themen in verschiedenen Gremien, Kommissionen, Netzwerken und Bildungseinrichtungen gearbeitet haben.
Sichtbar wurde dies bereits beim Eröffnungsgottesdienst, als die Lesung des Evangeliums von Diakon Nifon (Ökumenisches Patriarchat) im griechischen Urtext verlesen und im Anschluss Erzpriester Iosif Bosch (Ökumenisches Patriarchat) aus Argentinien Gedanken zu den Besuchen der „Lebendigen Briefe“ vortrug, zumal er selbst Mitglied eines Team-Visits in Bolivien und Uruguay war. Zur Eröffnungsveranstaltung hielt Metropolit Hilarion von Volokolamsk (Patriarchat von Moskau und Ganz Russland), neben Paul Oestereicher und Margot Käßmann, eine Ansprache. Gewiss sind dabei manche spezifischen theologischen Akzente im russischen Kontext zu verorten. Allerdings wurde die schonungslose Realität der institutionalisierten Gewalt als gemeinsame Herausforderung betrachtet. So rief Metropolit Hilarion etwa die Kirchen dazu auf, gemeinsam ein System zum Schutz verfolgter Christen zu fordern.
An den vier Themenbereichen der IÖFK orientierten sich die täglichen Plenarsitzungen und Workshops, die ebenfalls orthodoxe Beiträge vorsahen. Beteiligt waren etwa Muna Mushawar, eine junge Medizinerin und palästinensische Christin aus Jerusalem (Friede in der Gemeinschaft), Elias Crisóstomo Abramides (Ökumenisches Patriarchat) aus Argentinien und Vertreter des ÖRK im Sekretariat des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Friede mit der Erde) und Erzpriester Emmanuel Clapsis (Ökumenisches Patriarchat) aus den USA, Mitglied der Referenzgruppe zur DOV und des IÖFK-Vorbereitungskomitees. Als altorientalisch-orthodoxer Beitrag ist besonders der Vortrag (Friede unter den Völkern) von Erzbischof Avak Asadourian von Bagdad (Armenisch-Apostolische Kirche) zu nennen, der in seiner jetzigen Funktion drei Kriege im Irak miterlebt hat. Er betonte, dass die Christen im Irak keine Minderheit in der Gesellschaft seien, sondern ein integraler Teil der irakischen Gesellschaft. Es gelte gemeinsam für den Frieden im Irak für die Iraker zu arbeiten. Eine vertiefte und konkretisierte inhaltliche Auseinandersetzung der verschiedenen Themen mit orthodoxen Schwerpunkten war im Rahmen der Workshops möglich.
An den Werktagen fanden intensive Arbeitsphasen statt, die morgens und abends liturgisch umrahmt waren, während der IÖFK-Sonntag ganz im Zeichen der Gottesdienste stand. Im Rahmen der sonntäglichen konfessionellen Gottesdienste wurde die Göttliche Liturgie in der St. Michaels-Kapelle nahe dem Gelände der Universität gefeiert. An deren Ende wies Metropolit Gennadios von Sassima (Ökumenisches Patriarchat) auf die Bedeutung des Friedens als ein Geschenk Gottes an den Menschen hin. Gleichzeitig sei der Friede Ausdruck seiner Beziehung zu den Mitmenschen und der Schöpfung. Zu den Höhepunkten des Sonntags gehörte die Videobotschaft des Ökumenischen Patriarchen, Bartholomaios I., während des anschließenden ökumenischen Gottesdienstes. Beginnend mit dem österlichen Gruß „Christus ist auferstanden!“ ermutigte er die Menschen sich als Jünger des auferstandenen Herrn zu erweisen. Frieden erfordere die Bereitschaft zur Umkehr, metanoia, von der inzwischen normativ gewordenen Überlebensweise in unserer Welt auf. So beginnt der Frieden im Herzen und muss in allen Bereichen unseres Lebens manifest werden.
Von vielen wurde die Abschlussbotschaft der Internationalen ökumenischen Friedenskonvokation geschätzt, da sie am ehesten die Möglichkeit bot, dezidierte Vorschläge der Teilnehmer aufzunehmen. Diese Botschaft sollten die IÖFK-Teilnehmer nicht nur mit nach Hause nehmen, sondern, wie Metropolit Gennadios von Sassima im Abschlussplenum formulierte, hinaus in die Welt tragen. Ebenso wichtig wie diese Botschaft waren freilich die wertvollen Begegnungen mit engagierten Christen aus aller Welt, insbesondere auch aus Jamaika, die sich in einem von Gewalttätigkeit geprägten Land ganz unverhofft als unentbehrliche Friedensstifter erweisen.
Marina Kiroudi
(Dipl.theol. Marina Kiroudi ist orthodoxe Referentin in der Ökumenischen Centrale der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland.)
Mit freundlicher Genehmigung der ÖR aus Heft 3/2011 „Pfingstkirchen in der Ökumene“