(30.10.2019) Mit ca. 80 Teilnehmenden fand am 29. Oktober 2019 der Studientag der ACK gemeinsam mit dem Verein "500 Jahre Täuferbewegung 1525-2025" im Augustinerkloster in Erfurt statt. Dass der Studientag „Nonkonformisten – Märtyrer – Visionäre. Der Beitrag der täuferischen Kirchen zu Theologie, Ökumene und Weltdeutung“ der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) ausgerechnet hier stattfand, ist bemerkenswert.
Die Geschäftsführerin der Ökumenischen Centrale, Dr. Verena Hammes, und die Vorsitzende des Vereins, PDin Dr. Astrid von Schlachta, führten durch den Studientag. Zunächst gab der zweite Vorsitzende des Vereins, Dr. Andreas Liese, einen Überblick über die Planungen für das Täufergedenken. Als Zielsetzungen nannte er zum einen die Anliegen der Täuferkirchen in der Gesellschaft bekannter machen, zum anderen die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen (täuferischen) Geschichte. Sodann stellte Pfr. i.R. Hans-Joachim Köhler das Projekt Reinhardsbrunn vor: Hier hatten 1530 die ersten Hinrichtungen von Taufgesinnten durch die lutherische Obrigkeit stattgefunden. Nun sind es (u.a.) Lutheraner, die für das Gedenken an die Opfer sorgen.
Den ersten Hauptvortrag hielt die Oldenburger Professorin für Kirchengeschichte und baptistische Pastorin Dr. Andrea Strübind: „Historische Einordnung und Bedeutung des Täufertums als reformatorischer Bewegung“. Noch während des 2017 (mit vorausgegangener Dekade) begangenen Reformationsjubiläums hatten allzu viele von der ‚eigentlichen‘ Reformation mit ihren beiden Hauptströmungen (lutherisch und reformiert) und daneben von devianten Randgruppen gesprochen, schlimmstenfalls die täuferische Bewegung gar nicht als Teil der Reformation anerkannt. Dagegen warb Strübind intensiv für ein inklusives Verständnis von Reformation. Es war gerade erst die Vielgestaltigkeit der Reformation – inklusive der täuferischen Gruppen und Überzeugungen –, die in kontroverstheologischen Klärungsprozessen dazu beigetragen haben, stabile Ausformungen protestantischen Christseins zu entwickeln.
Der Hannoveraner Systematiker Prof. Dr. Marco Hofheinz stellte in seinem Vortrag „The baptist Vision. Impulse aus den täuferischen Kirchen für die Systematische Theologie und Ethik“ die nordamerikanischen Theologen Bender, Yoder, McClendon und Hauerwas vor. Hier wurde u.a. auch deutlich, dass es noch sehr viel mehr (Frei-)Kirchen bzw. christliche Bewegungen gibt, welche die Anliegen der täuferischen Kirchen teilen und damit heutzutage einen beträchtlichen Anteil an der Weltchristenheit haben, insbesondere die Pfingstbewegung.
Zu ergänzen ist aber z.B. auch die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, von der auch manche an diesem Studientag teilnahmen. Ebenfalls war die multilaterale ökumenische Vielfalt der rund 80 Teilnehmenden bemerkenswert. Die vier parallel stattfindenden Workshops am Nachmittag galten genau der Frage, wie die Anliegen des Täufergedenkens umgesetzt werden können. Welche Formen und Methoden, welche Medien könnten eingesetzt werden, welche Zielgruppen sollten erreicht werden? Die Steuerungsgruppe bekam, wie erhofft, in diesen Workshops eine Vielzahl von Anregungen und Ideen für ihre Weiterarbeit.
Bei der abschließenden Podiumsdiskussion unter Leitung von Verena Hammes wurden zunächst die vier Podiumsgäste gefragt, welchen positiven Beitrag die täuferischen Kirchen für die Ökumene leisten, aber auch, wo Grenzen gesehen werden. Es antworteten neben dem mennonitischen Pastor Alexander Neufeld und der mennonitischen Historikerin Astrid von Schlachta auch zwei Mitglieder des Deutschen Ökumenischen Studienausschusses (DÖSTA) der ACK, die römisch-katholische Münsteraner Theologieprofessorin Dr. Dorothea Sattler und der unierte Freikirchenreferent des KI Bensheim, Dr. Lothar Triebel. Beide hoben insbesondere hervor, dass die von den täuferischen Kirchen ausgehende Herausforderung beim Thema „Taufe“ sowohl der römisch-katholischen Kirche als auch den evangelischen Landeskirchen geholfen habe, das Taufbewusstsein zu stärken. Positiv seien u.a. auch das friedensethische Engagement v.a. auf mennonitischer Seite und das Eintreten für Religionsfreiheit v.a. auf baptistischer Seite hervorzuheben, so Triebel weiter. Sattler hob als einen Schatz der täuferischen Bewegungen das Vertrauen auf Gottes Gegenwart in der feiernden Gemeinde hervor. Anfragen an die täuferischen Kirchen sahen die Podiumsteilnehmer insbesondere hinsichtlich einer fehlenden zentralen Organisation, die das ökumenische Gespräch erschwere sowie im Kirchen- und Abendmahlsverständnis, das des weiteren Dialogs bedürfe.
Zum Schluss des Podiums wurden verschiedene Wünsche an das 500-jährige Täufergedenken herangetragen: eine Heilung der Erinnerung anzustoßen, Menschen neugierig zu machen und miteinander ins Gespräch über den Glauben zu bringen und ökumenisch gemeinsam das Gedenken zu begehen. Dafür hat der Studientag einen ersten Schritt getan.