100 Tage Belagerung des Latschin-Korridors in Bergkarabach - Sorge um Menschen im Südkaukasus

Magdeburg (23.03.2023). Angesichts der anhaltend dramatischen Situation der Menschen im Südkaukasus hat sich die Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen mit der Situation verfolgter und bedrängter Christen beschäftigt.

Erzpriester Radu Constantin Miron, Vorsitzender der ACK, rief am 100. Tag der Blockade des Latschin-Korridors in Erinnerung, dass durch diese Blockade rund 120.000 Menschen in Bergkarabach von der Versorgung mit Lebensmitteln und medizinischen Gütern abgeschnitten sind. „Die Ernährungssituation ist kritisch, durch die fehlende medizinische Versorgung haben bereits Menschen ihr Leben verloren und das Gebiet ist immer wieder von der Versorgung mit Strom und Wärme getrennt“, berichtet der griechisch-orthodoxe Erzpriester über die Lage im Südkaukasus. „Das armenische Staatsgebiet wird an den Grenzen zu Aserbaidschan und der Türkei durch massive Truppenkontingente bedroht“, führte Miron in der Mitgliederversammlung in Magdeburg weiter aus. „Der Iran droht in den Konflikt militärisch einzuschreiten.“ Durch die Bedrohung blieben viele politische und ethnische Konflikte weiterhin ungelöst und das Alltagsleben der Völker sei von Gewalt- und Kriegsrhetorik geprägt.

Die Lage im Südkaukasus geht zurück auf ungeklärte Gebietsansprüche nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und historisch gewachsene nationale und ethnische Konflikte. Internationale Vermittlungsversuche (EU, UN, Minsk-Gruppe der OSZE) konnten bis heute noch nicht zu einer Beilegung der eskalierenden Lage im Südkaukasus führen. Hier steht die internationale Gemeinschaft bis zum heutigen Tag vor großen Herausforderungen. Die Spannungen haben in der Vergangenheit zu blutigen Konflikten geführt, zuletzt im Angriff aserbaidschanischer Truppen auf armenisches Staatsgebiet vom 13.-15. September 2022.

Die Delegierten der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) hatten im Herbst letzten Jahres die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die Behörden von Aserbaidschan aufgerufen, alle armenischen zivilen Geiseln und Kriegsgefangenen im Einklang mit dem Völkerrecht freizulassen. Sie bekräftigten ihre Besorgnis für die heiligen Stätten und das armenische Kulturerbe in der Region und forderten die UNESCO und alle Mitglieder der internationalen Gemeinschaft dringend auf, alle möglichen und angemessenen Maßnahmen zu treffen, um diese Stätten zu schützen. Darüber hinaus riefen sie zur Einleitung eines konstruktiven Dialogs für eine gerechte und friedliche Beilegung des Bergkarabach-Konflikts im Rahmen der Minsk-Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa auf und forderten den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und alle Mitgliedskirchen auf, sich auch weiterhin in christlicher Solidarität mit den Kirchen und Menschen von Armenien und Bergkarabach in ihrem Streben nach einem gerechten und nachhaltigen Frieden zu engagieren.

„Angesichts der bedrohlichen und für die Menschen der Region zunehmend untragbaren Situation rufen wir als Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland zu Solidarität und Gebet auf,“ fasste der ACK-Vorsitzende den Austausch der rund 60 anwesenden Kirchenvertreterinnen und -vertretern zusammen: „Die Sorge und das Leid einer Mitgliedskirche ist die Sorge und das Leid der gesamten ACK!“

Einstimmig sprachen sich die Kirchenvertreterinnen und -vertreter in der Mitgliederversammlung für die Formulierung des gemeinsamen Friedensgebets für die unterdrückten Christen aus und beauftragte Erzpriester Miron als ACK-Vorsitzenden den Kirchenleitungen der Mitgliedskirchen die breite Rezeption und Nutzung des gemeinsamen Textes zu empfehlen.

 

Ökumenisches Friedensgebet für Südkaukasus

Herr, unser Gott,

du willst, dass die Menschen in Achtung voreinander und in Frieden miteinander leben. Sende deinen Geist der Liebe und Versöhnung, damit im Südkaukasus ein Zusammenleben in Frieden und Versöhnung möglich ist, über die verschiedenen Völker, Religionen und politischen Überzeugungen hinweg.

Du hast die Erde erschaffen, damit alle Generationen auf ihr friedlich leben können. Setze der Not der Eingeschlossenen in Bergkarabach ein Ende, verhüte weitere Gewalt an den Grenzen Armeniens und sei bei allen, die in Deutschland in Sorge um ihre Angehörigen im Kaukasus leben. Zeige denen, die Verantwortung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft tragen, wie sie angesichts immer weiter wachsender Feindschaft zum Wohle aller handeln können.

Du schenkst Hoffnung und erneuerst das Angesicht der gesamten Erde. Beschenke alle Hoffnungslosen und Perspektivlosen in Bergkarabach, Armenien, Aserbaidschan, Türkei, Iran und bei uns mit neuer Zuversicht und Mut durch deinen Heiligen Geist. Bahne du einen Weg in eine Zukunft in Versöhnung.

Amen.

Call for solidarity and prayer (english)

Verfolgte und bedrängte Christen

ÖRK-Protokollpunkt zu den Folgen des Krieges in Bergkarabach 2020